Gestern war mein sehr geschätzter Kollege Dr. vet. med. Reinhard Pfannhauser bei meinen Therapiepferden zur Zahnbehandlung da. Zahnpflege ist ein GANZ wichtiger Faktor in der Gesunderhaltung von Pferden, aber auch in der ganzheitlichen Therapie. Nicht selten können Pferde aufgrund von zB ungleich hohen Backenzähnen lahm gehen… Denn dies führt zu ungleichmässigem Druck in den Kiefergelenken, osteopathisch gesehen hängen Kiefergelenk und der erste und zweite Halswirbel zusammen und diese reagieren wiederum mit der Lendenwirbelsäule. Insofern kann es einfach auch zu Lahmheiten kausal verursacht aus einer fehlenden Zahnbalance kommen…
Wieso brauch ein Pferd nun Zahnpflege?
In der freien Natur ist das Pferd als „Herbivore“ – also „vielfressender Pflanzenfresser“. Im Laufe der Evolution hat das Pferd ein intelligentes System zum „Nachschub“ von sich abreibenden Zähnen entwickelt. Die Zähne des Pferdes schieben zwischen ca. 2 und 3 mm nach, (Schneidezähne vs. Backenzähne). Nun ist es aber so, dass dieser Nachschub für ein „natürliches Wildpferd“ berechnet ist – also Pferde, die das ganze Jahr ihr Futter selbst abbeissen müssen, sich von relativ faserreichem Futter ernähren und auch hartes Futter wie Wurzeln, Äste etc. zu sich nehmen. Außerdem ist das Futter von wildlebenden Pferden deutlich mehr verunreinigt im Sinne von mehr Erd- und Steinanteil.
Werden unsere domestizierten Pferde „künstlich“ ernährt, das heißt mit sauberem, feinstrukturierterem Futter und müssen sie nicht mal das Futter selbst abbeissen (Zufütterung von Heu, geschnittenem Gras etc.) kommt es zu einer Dysbalance zwischen Zahnnachschub und Zahnabrieb. Diese Dysbalance ist vor allem im Bereich der Schneidezähne vorzufinden. Diese werden nämlich bei unseren Hauspferden im Verhältnis zu den Backenzähnen deutlich weniger beansprucht durch das Füttern im Stall (und fehlendes „Futter erarbeiten“ auf der Koppel). Wird das Pferd nicht regelmässig richtig Zahn behandelt –das inkludiert eine korrekte Kürzung der Schneidezähne bei Pferden über ca. 6 Jahren – kann es ua. zu folgenden gesundheitlichen Problemen:
– Kompression im Kiefergelenk, langfristig sehr häufig zu Arthrosen im Kiefergelenk. Durch verhältnismäßig mehr abgeriebene Backenzähne (im schlimmsten Fall noch künstlich verschlechterte Situation durch „Backenzahn Raspeln ohne Schneidezahnkorrektur vom Zahnbehandler“) und längere Schneidezähne muss das Pferd massiven Druck auf die Kiefergelenke ausüben, damit die Backenzähne überhaupt in Reibung kommen beim Fressvorgang. Dies führt häufig zu Blockaden, Verspannungen und Unwohlsein das Pferdes (bis hin zu ggf. sogar Lahmheiten, massiver gesundheitlicher Beeinträchtigung, mangelndem Appetit, Aggression oä.)
– Verbiegung der Schneidezähne nach vorne, langfristig sogar Verbiegung des (meistens Unter-)Kiefers!!! Wenn ein Pferd über Jahre massiven Druck aufs Kiefergelenk ausüben muss, kommt es zum sehr flachen Winkelgebiss – also „schrägen Schneidezähnen“. Diese „künstliche Besonderheit“ findet man in nur ganz stark abgeschwächter Form bei Wildpferden. Das heißt, ein Pferd, das regelmässig richtige Zahnpflege erhält, hat keine flachen Schneidezähne – und somit sind die Schneidezähne nur sehr laienhaft zur Altersbestimmung heranzuziehen.
– Außerdem kann es zu massiven Zahnfleischentzündungen im Schneidezahnbereich kommen, aufgrund es hohen Druckes der Schneidezähne gegeneinander. Dies kann zur Lockerung oder sogar Ausfall von Schneidezähnen führen…
– Massive gesundheitliche Beeinträchtigung, aber auch negative Auswirkungen auf Psyche, Leistungsfähigkeit, Rittigkeit uvm.!!!!
Das sind nur ein paar Beispiele dafür, wie wichtig richtige Zahnpflege beim Pferd ist und wie umfassend ein Pferd von nicht korrekter oder fehlender Zahnpflege betroffen ist…
Ich hoffe, ich konnte Euch ein paar Anregungen geben.
Liebe Grüsse,
Sandra